VIELLEICHT LIEGT DER SIEG DARIN EINFACH AUFZUGEBEN

sind höhlen die flucht vor dem leben da draußen oder wollen sie einfach die seele beschützen? leere seelen, die sich längst verkrochen haben und längst kein gefühl mehr spüren. leben, die anfangen sich selbst zu hasssen und depressionen, die sich selber auslachen. leben ist verkehrt rum, wie bekommen wir es richtig rum? 

 ich konnte die erdrückende leere auf der stark befahrenen straße spüren. wir nehmen uns in den arm. ihre augen sehen anders aus. zumindest ist es der blick, bei dem man scheinbar in einen hohlraum starrt ander. als wir die straße überqueren, frage ich sie ob etwas los wäre, sie schüttelt nur den kopf. ich sage: "du hast doch was". sie schaut einfach gradeaus. ich werde nervös. "ist etwas passiert, etwas schlimmes?", sie sagt nichts. "ist etwas mit deinem opa?", ich halte kurz inne, "ist er tot, s.?", sie fängt an zu schluchzen, sie weint so laut und ich nehme sie einfach in den arm. 7:59 uhr, sie weint immernoch, wir stehen immernoch da. dennoch kommen wir pünktlich, zu früh eigentlich, zum unterricht. sie wischt sich die tränen aus dem gesicht und ich mache das was ich am besten kann. mich und andere ablenken. ich bringe sie zum lachen. sie lacht. sie lacht den ganzen tag. ich freue mich.
kurz nach acht kommt meine kurs-lehrerin durch die tür und schließt den raum auf, wir setzen uns. s. neben mich,    daneben v.. ich könnt kotzen. ich rede nicht mit ihr, nicke nur oder schüttel den kopf. 3 mal fragt sie mich, ob ich etwas hätte, aber, wie sollte es auch anders sein, ich schüttel nur den kopf, bringe ein "nene", was viel zu ironisch klingt, über die lippen und drehe mich wieder weg. wir bekommen die arbeit wieder, s. und ich haben eine 2, v. eine 4. haha. wenige minuten später bekommen wir die zeugnisnoten gesagt, weitere minuten später bin ich an der reihe. "eine 2+" meine lehrerin lächelt, ich bewege meine mundwinkel erst garnicht und rufe die nächste raus. setze mich wieder auf meinen platz und unterhalte mich mit s. über meine noten, und über ihre. wir sind gleich gut. scheint zumindest so. um 9:12 uhr haben alle ihre noten gesagt bekommen und in 18 minuten ist pause, wir reden noch kurz über die kakaopflanze, über alkane, alkene und alkine und dann klingelt es, ich packe zusammen und gehe raus, umarme l. und m., nuschle ein "hallo" und werde von d., dieser knoblauchfresse, abgepasst. "bist du sauer auf v.?", sagt sie in dieser stimme, die nach kurzer zeit schmerzen in den ohren verursacht. "ne" sage ich, "schickt die dich jetzt, damit du mich fragst oder was?". d. schüttelt den kopf, ich gehe schneller und sage "laber doch nicht" - blöde kuh. wir alle sitzen da, wo wir immer sitzen, ich habe meinen rücken an die säule gelehnt und starre einfach geradeaus. ich will nicht reden. ich glaub das fuckt ab. naja. ich muss denken. jetzt.
ich komme aus dem bad, meine augen sind verheult und meine mutter sitzt telefonierend im schlafzimmer. "mama?", sie legt kurz den hörer weg, meine stimme klingt, so wie ich es beurteilen kann leise aber ich rede weiter. "mama, kann ich morgen zum arzt, bitte mama?", es war diese typische "ich will reden aber meine stimme klingt nach losheulen - stimme". irgendwie schaut sie geschockt, nimmt nochmal den hörer und sagt ihrer freundin, dass sie sie später nochmal anrufen würde. "warum willst du denn zu  arzt?", fragt sie, "bitte mama!", sage ich weinend. sie besteht darauf, dass ich ihr sage was los ist, aber ich weigere mich. "ich komme jetzt zu dir fernsehen, dann reden wir", ich sage ihr deutlich, dass ich nicht reden will, aber sie interessiert es nicht. mehr als eine stunde fragt sie mich immer die selbe frage: "was ist los?", ich kann es nicht mehr hören. sie ist meine mutter und sie müsste verdammt nochmal merken, was da nicht stimmt! immer wieder versuche ich anzufangen aber meine stimme zittert so sehr, als würde sogar die sich weigern, zu reden. sie versucht die ganze zeit irgendwie den grund zu finden, versucht herauszufinden, was ich ihr sagen will, aber sie kommt nicht drauf. am ende ist ihre antwort: "ich dachte es stimmt etwas nicht, ich dachte es wäre eine phase, aber ich dachte nicht, dass alles so schlimm ist. ich helfe dir!" irgendwann sage ich es einfach, ich sage ihr, dass es mir unfassbar lange scheiße geht, erzähle ihr, dass ich glaube depressionen zu haben, die von einer angst- und essstörung abhängen, erzähle ihr, wieviele seiten ich über depression im kindes- und jugendalter gelesen habe und wieviele tests, die eigentlich eher unseriös sind, zum thema "depressionen" ich gemacht habe und wieviele davon das selber ergebnis anzeigten: schwere depression. ich habe längst angefangen zu weinen, schluchze und bitte um einen arzttermin. ich will eine diagnose, ich will wissen woran ich bin und was ich für lücken füllen muss. ich will krank oder gesund sein. ich will einfach wissen, ob ich einzuordnen bin oder ob ich einen an der klatsche habe. sie war unfassbar geschockt, sie wollte mich nichtmals mehr alleine schlafen lassen. wie sollte eine mutter schon reagieren, wenn ihr kind ihr erzählt, dass sie glaubt an depressionen erkrankt zu sein und sie nie etwas germerkt hat. sie sucht die schuld bei sich. aber sie trägt keine schuld. ich kenne die ursache. sie will es aber nicht begreifen. ich würde verstehen, wenn sie angst davor hat, die ganze scheiße, die sie schon einmal durchlebt hat wieder zu durchleben, aber ich bin noch jung, mein vater war erwachsen. er war für sich selbst verantwortlich. ich denke an nichts anderes mehr. ich kann nichtmals sagen, ob es gut tut, es ihr gesagt zu haben oder ob ich einfach meinen mund halten sollte, aber es ist raus. sie sieht mich als wrack, ich fühle mich einfach, wie ein hohlraum, den man nicht füllen kann. unfassbar leer und unfassbar undefinierbar. sie schläft die nacht in meinem bett, nimmt mich nurnoch in den arm, holt mich vom bus ab, geht mit mir einkaufen. sie hat angst,  angst um mich und ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll. alles scheint so unlösbar. einfach beängstigend. ich könnte heulen.